Hexenkräuter

Hexenkräuter

Die abendländische Pflanzenheilkunde ist durch die Wirrungen und Irrungen vom 13. Jahrhundert an innerhalb von Europa stark beeinträchtigt worden.

Die „kleine Eiszeit“ im 13. und 14. Jahrhundert rief Hungersnöte, Mangelernährung und Schwächung der Menschen hervor. Die Städte waren überfüllt, die hygienischen Zustände katastrophal. Zwischen 1315 und 1317 dezimierte sich die europäische Bevölkerung um circa ein Drittel – die Pest wütete. Die Ärzte waren machtlos: sie stachen Pestbeulen auf, um die Körpersäfte wieder ins richtige Verhältnis zu setzen. Aderlass, Schröpfen und die Verwendung von Quecksilber und anderen Mineralien kamen immer mehr in Mode. Es kam zu einer rasanten Verbreitung von Behandlungsmethoden mit Abführmitteln, welche die Menschen weiter schwächten. Rückblickend muss man wohl zusammenfassen, dass durch die medizinischen Behandlungen mehr Menschen getötet als geheilt wurden. Für die Pest und das Leid der Bevölkerung mussten jedoch Schuldige gefunden werden. Schon ab dem 13. Jh. verschärfte sich der Ton gegen zumeist heilkundige Frauen, Hexen.

Der Hexenhammer(1468) von Kramer stellte auch einen Wendepunkt in der Pflanzenheilkunde dar. Der Terminus der Hexenkräuter wurde geschaffen und existiert leider bis heute.

Wurden die Wirkweisen von Pflanzen bis dato eher neutral beschrieben, einschließlich der vielfältigen Anwendungsgebiete, so wurde nun die Wirkung bewertet und dieses im Kontext der Bibel. Während sich bei Hildegard von Bingen, einer Äbtissin, noch lustfördernde und abortiv wirkende Rezepte finden, wurde der Versuch unternommen diese Anwendungen komplett zu eliminieren. Es kam zu Bestrebungen, Pflanzen mit angeblich abortiven Wirkungen (zum Beispiel Sadebäume) zu verbieten und auszurotten. Die Liste der verbotenen Pflanzen wurde immer länger. Besonders schlimm waren die Anwendungen in der Frauenheilkunde betroffen.

Unter Berufung auf die die Bibel Buch Moses – Genesis Vers 17: „…Und zur Frau sprach er: Ich will die Mühen deiner Schwangerschaft sehr groß machen; mit Schmerzen sollst du Kinder gebären…“wurde Midweibern (Hebammen) verboten schmerzlindernde Pflanzen unter der Geburt anzuwenden – da es gegen den Wille Gottes sei.

Die abendländische Pflanzenheilkunde verkam zu einem Randgebiet, in welchem nur Mittelchen gegen Husten und zur Verdauung noch ohne Argwohn eingesetzt werden durften, um nicht der Hexerei verdächtigt zu werden.

Es verwundert, dass gerade die Mystifizierung heutzutage eine verkaufsfördernde Maßnahme darstellt und zeugt von historischer Unwissenheit. Am 9. November 2020 erbrachte die Abfrage des Begriffs „Hexenkräuter“ 202 aktuelle Bücher bei einem großen Online- Versand.

 

Foto: iStock1202720549